Zurück am Sehnsuchtsort: »Nie mehr 2. Liga«, skandierten die Fans des Hamburger SV nach etwa einer Stunde im letzten Heimspiel der Saison. Was hatten sie gelitten: Immer wieder dieses verfluchte Frühjahr, verspielte Polster, verlorene Relegationsduelle, unvergessen der verfrühte Platzsturm von Sandhausen, als ein vermeintlich fixer HSV-Aufstieg sich als falsch entpuppte. Nun sollte es aber so weit sein, endlich: Der HSV des Jahrgangs 2025 war zu gut, zu treffsicher. Und der Rest der Liga machte es den Hamburgern auch so leicht wie selten. Bleibt zu sagen: Willkommen zurück in der Bundesliga, HSV!
Das Ergebnis: 6:1 (3:1) setzt sich der Hamburger SV gegen den SSV Ulm durch. Der Sieg gegen den Aufsteiger garantiert den Hamburgern den direkten Aufstieg in die Fußball-Bundesliga, nur der 1. FC Köln kann sich rechnerisch noch vorbeischieben. Nach vier vierten Plätzen und dem zweimaligen Scheitern in der Relegation kehrt das Gründungsmitglied im siebten Versuch ins Oberhaus zurück.
Ulmiges Gefühl: Ein Sieg, und der HSV würde nicht mehr einzuholen sein. Unter dieser Prämisse schickte Merlin Polzin seine Hamburger ins Flutlichtspiel gegen den Aufsteiger. Klarer hätte die Favoritenrolle nicht verteilt sein können – aber nach all den Fehlversuchen der Vorjahre schien dem HSV diese Ausgangslage nicht zu schmecken. Tatsächlich: Ulm startete besser, ging durch Tom Gaal früh in Führung, nachdem der SSV nach einer Ecke den zweiten Ball gewann und zu Gaal in den Fünfmeterraum beförderte (7. Minute). Würde der große Aufstiegsfavorit erneut am Druck zerbrechen?
Erstligareif: Nein, diesmal nicht. Die weichen Knie ließ der HSV in der Vorsaison. Stattdessen wurde gezaubert. Jean-Luc Dompé spielte mit der Ferse einen Steilpass auf Miro Muheim (10.). Der Linksverteidiger lief auf dem Flügel durch, spielte von dort flach an den Strafraumrand und fand Ludovit Reis, der dem Ball mit der Fußinnenseite genau die richtige Richtung verlieh. Drei Minuten zwischen Rückschlag und Reaktionen: Das hier war ein wehrhafterer HSV als zuletzt.
Der Kipppunkt: Wirklich entschieden wurde die Partie nicht durch ein Tor, sondern eine Parade. Muheim war Ulms Felix Higl auf den Fuß gestiegen, der Foulelfmeter für die Gäste war folgerichtig. Hätte der HSV einen zweiten Rückstand verkraftet? In Hamburg wird man froh sein, diese Frage nicht beantworten zu müssen. Dafür sorgte Daniel Heuer Fernandes: Hamburgs Nummer eins ahnte die Ecke, in die Semir Telalović zielen würde, und wehrte den schwach geschossenen Elfmeter ab (36.).
Der Rausch beginnt: Heuer Fernandes’ Großtat gab den Hamburgern den nötigen Aufwind. Im Rückwärtsfallen spielte Emir Sahiti den Ball in den Lauf von Ransford Königsdörffer, der mit einem technisch anspruchsvollen Lupfer über Ulms Torhüter Niclas Thiede hinweg abschloss (42.). Ulm war nun sichtlich angeschlagen, und Davie Selke für Gnade nicht zu haben: Mit seinem Kopfbal zum 3:1 brachte der gefährlichste Torjäger der 2. Liga den Volkspark zum Kochen (45.+3). Als Heuer Fernandes kurz vor dem Pausenpfiff aus seinem Tor stürmte, um einen langen Ball zu verteidigen, feierte das Stadion diese Rettungstat laut wie einen Treffer.
45 Minuten Afterparty: Die Pflicht war getan, die Ulmer Gegenwehr gebrochen. Nach dem Seitenwechsel ging es für den HSV nur noch darum, die Führung weiter in die Höhe zu schrauben. Das begann mit einem slapstickhaften Ulmer Eigentor, eine harmlose Flanke entglitt Thiede, vom Bein von Verteidiger Philipp Strompf flipperte der Ball ins Tor (48.). Danach ließ Ulm große Räume, Königsdörffer traf erneut (62.), Daniel Elfadli machte das halbe Dutzend voll (86.). Dass es nicht noch mehr Tore wurden, war zu großen Teilen dem Eigensinn der eigenen Angreifer geschuldet.Gut geschlagen: Bei allem Jubel im Norden verpasste der Hamburger Stadionsprecher es nicht, auf die Kehrseite der Aufstiegsmedaille hinzuweisen: Das Ergebnis besiegelte nicht nur den Aufstieg des Hamburger SV, sondern auch den Ulmer Abstieg, zurück in Liga drei. Es war eine beachtliche Leistung des Klubs, dem zuletzt gar der Durchmarsch aus Liga vier gelungen war. Dass am Ende die Qualität fehlte, lässt sich den Verantwortlichen ob des raschen Aufstiegs kaum vorwerfen.