Der Sachsenwald nahe Hamburg befindet sich in Privatbesitz und kann als gemeindefreies Gebiet seine Gewerbesteuer selbst festlegen – mit dem Resultat: Die Abgaben sind auffallend niedrig und haben etliche Firmen angezogen. Die haben in einer abgelegenen Waldhütte ihre Firmensitze angemeldet und zahlen viel weniger als etwa in Hamburg. Dem will der schleswig-holsteinische Landtag nun einen Riegel vorschieben.
Das Landesparlament sieht im Fall des gemeindefreien Gebietes Sachsenwald angesichts der Steuerdebatte nach entsprechenden Medienberichten der vergangenen Wochen dringenden Handlungsbedarf. Daher haben die Fraktionen einstimmig beschlossen, dass die Landesregierung umgehend Vorschläge erarbeitet, wie mit dem Gebiet umgegangen werden soll. Ziel sei es, eine Besserstellung dieser Gebiete gegenüber den Kommunen im Norden zukünftig auszuschließen.
Neben dem Sachsenwald sei auch der Forstgutsbezirk Buchholz ein gemeindefreies Gebiet, welches allerdings im Eigentum des Landes befinde, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). „Die rechtliche Form der beiden Forstgutsbezirke ist historisch begründet.“ Allerdings stellen die Gebiete nach Ansicht der Christdemokratin mit ihrer Sonderstellung einen „Anachronismus“ dar.
Derzeit liege im Sachsenwald der Hebesatz der Gewerbesteuer bei 275 Prozent. „Das ist 1958 festgesetzt worden durch den damaligen Landrat und das gilt bis heute“, erklärte Sütterlin-Waack.
Damit liege der Hebesatz zwar im zulässigen Rahmen über dem vorgeschriebenen Mindesthebesatz des Bundes von 200 Prozent. Dennoch halte sie es für die „beste Lösung“ die Gemeindefreiheit in beiden Gebieten zukünftig zu beenden.
Nach Ansicht des CDU-Abgeordneten Ole Plambeck gibt es dabei mehrere Möglichkeiten: „So könnte aus dem gemeindefreien Gebiet eine Gemeinde werden, oder es gelingt eine einvernehmliche Eingemeindung in die umliegenden Kommunen oder es muss eine verpflichtende Eingemeindung erfolgen“, sagte er im Plenum. Laut Oliver Brandt (Grüne) könnte ein Gesetz ab 2026 greifen.
Der steuerrechtliche Sonderfall des Sachsenwaldes der Familie von Bismarck war aufgrund eines Beitrages der ZDF-Sendung „Magazin Royale“ des Satirikers Jan Böhmermann in den Fokus der Landesregierung geraten. Böhmermann hatte in Zusammenarbeit mit der Rechercheplattform „Frag den Staat“ über 21 Unternehmen berichtet, die in einer dortigen Hütte Briefkästen gemeldet hätten und von niedrigen Gewerbesteuern profitierten.
Der Gutsbesitzer des Sachsenwaldes Gregor von Bismarck ist der Ururenkel des ersten deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815-1898). Das Gebiet östlich von Hamburg wurde dem Kanzler 1871 nach der Gründung des Deutschen Reichs von Kaiser Wilhelm I. geschenkt.
An einer Adresse im Sachsenwald sind nach Angaben von Bismarcks ordentliche Büros eingerichtet, die mit allen zur Geschäftsführung erforderlichen Einrichtungen ausgestattet seien und regelmäßig von den dort ansässigen Unternehmen als Betriebsstätte genutzt würden. „Bei diesen Unternehmen handelt es sich jeweils um Verwaltungs- und Holdinggesellschaften, die keine Angestellten und keinen Publikumsverkehr haben.“ Der Forstgutsbezirk Sachsenwald liege mit seinem Hebesatz von 275 Prozent deutlich über dem Mindestsatz und auf dem Niveau der umliegenden Gemeinden.
In gemeindefreien Gebieten wird die Gewerbesteuer durch den Gutsvorsteher erhoben. „Diese Aufgabe wird von dem aktuellen Gutsvorsteher des gemeindefreien Forstgutsbezirks Sachsenwald auch rechtmäßig wahrgenommen“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Nach Erkenntnissen des Ministeriums werde die Gewerbesteuer vom Gutsvorsteher für alle gewerbesteuerpflichtigen Betriebsstätten ordnungsgemäß erhoben und die Gewerbesteuerumlage ordnungsgemäß an die Landeskasse abgeführt.